Wie fotografiere ich einen Sonnenstern
Die Sonne hält sich bedeckt in diesen Tagen. Gerade deshalb will ich die Sonne wieder etwas in den Fokus rücken. Aus aktuellem Anlass. Seit Spätsommer bin ich Mitbesitzer einer grossen Photovoltaik-Anlage auf unserem Dach. Wie ich bei der Dokumentation von deren Installation die Sonne in den Fokus rückte, möchte ich in diesem Blogartikel erläutern.
Früher wurde einem abgeraten, direkt in die Sonne zu fotografieren. Die besten Fotos gebe es mit der Sonne im Rücken, war die gängige Meinung, die sich bis heute recht gut halten konnte. Klar, für Handy-Fotografen mag das heute immer noch gelten. Nach meinen Erfahrungen können Mobiltelefone nicht gut mit Gegenlicht und schon gar nicht mit der Sonne im Bild umgehen. Aber moderne Systemkameras schaffen das locker.
Mir persönlich gefallen Gegenlicht-Aufnahmen ausserordentlich. Da die Lichtquelle und ihre Schatten Teil des Motivs werden, ist Gegenlicht dasjenige Licht, das die schönsten, aufregendsten und romantischsten Fotos ergibt. Es schafft Reflexionen und Schatten und dramatisiert so den Bildinhalt. Auf der anderen Seite sind die hohen Kontraste eine Herausforderung. Im Gegensatz zum Auge kann die Digitalkamera diese nämlich fast nicht ausgleichen. Sie müssen also einige Dinge beachten, damit eine solche Aufnahme gelingt.
Eine spezielle Art der Gegenlicht-Fotografie ist es, die Sonne ins Bild zu integrieren und sie fotogen als Stern darzustellen. Die Strahlen der Sonne werde so sichtbar, vor allem in den dunklen Bildpartien. Vor allem in der Landschaftsfotografie ist der Sonnenstern als dynamisches Element beliebt, aber nicht nur. Als ich letzten Sommer der Installation meiner Photovoltaik-Anlage beiwohnen konnte, war es naheliegend, den Energiespender Sonne ins Bild zu integrieren. Ist erst mal die Bildkomposition klar und die Sonne am richtigen Ort, gibt es noch eine Menge technischer Details, die Sie befolgen sollten, damit das Foto mit dem Sonnenstern gelingt:
- Rohformat: Fotografieren Sie im Rohformat! Als RAW (engl. Raw „roh“) bezeichnet man ein in der Regel modellabhängiges Dateiformat bei Digitalkameras, bei dem die Kamera die Daten nach der Digitalisierung weitgehend ohne Bearbeitung auf das Speichermedium schreibt. RAW-Bilder müssen „entwickelt“, das heisst im Computer bearbeitet werden. Der Hauptvorteil ist die enorme Farbtiefe der RAW-Bilder von je nach Kamera 12- oder sogar 14-Bit, während das JPG- Format nur 8-Bit abspeichern kann. Bei 12-Bit sind also über 68 Milliarden Farben/Tonwerte verfügbar, im Vergleich zu den nur 16 Millionen beim jpg-Format (8-Bit). Da im Rohformat viel mehr Tonwerte zur Verfügung stehen, kann das Bild in der Nachbearbeitung viel stärker aufgehellt werden. Beim jpg-Format leidet da sehr schnell die Bildqualität.
- Kleine Blendenöffnung: Bei geschlossenen Blenden (11 oder 16) entsteht bei Weitwinkelobjektiven ein fotogener Stern um die Sonne oder auch anderen punktförmigen und hellen Lichtquellen.
- Unterbelichten: Damit der Stern sichtbar wird, muss das Bild aber meistens stark unterbelichtet werden (ca. 2 Blenden bzw. Lichtwerte), da die Sonne und den sie umgebenden Bereich bei der normalen Belichtung häufig „ausgefressen“ ist. Schauen Sie aufs Histogramm und beachten Sie die „Lichterkontrolle“, also die blinkenden Stellen im Bild, welche eine lokale Überbelichtung anzeigen. Die Sonne selbst darf zwar ruhig blinken, aber die Ansätze des Sternes um die Sonne müssen bereits im Vorschaubild der Kamera zu erkennen sein.
- Manueller Modus: Dieses Annähern an die geeignete Belichtung machen Sie am besten im manuellen Modus. Die richtige Belichtung – also die Werte von Blende, Zeit und ISO – bleiben dann auch konstant, wenn Sie den Ausschnitt ändern. Im Automatik- oder Halbautomatikmodus ändert hingegen die Belichtung je nach Ausschnitt und Bildanteil der Sonne stetig. Sie müssten also die Minus-Korrektur immer wieder auf Neue anpassen.
- Aufhellen des Vordergrundes: Sie können sich natürlich entscheiden, ein Motiv im Vordergrund dunkel oder als Silhouette abzubilden. Falls Sie aber Zeichnung im Vordergrund wollen, hellen Sie das Motiv am besten schon bei der Aufnahme mit einem Reflektor oder Blitz auf. Ergänzend können Sie es dann in der Bildbearbeitung weiter aufhellen.
- Objektivqualität: Wenn Sie direkt in die Sonne fotografieren, entstehen manchmal Blendenflecken und Lichtpunkte, oder das Bild wird flau wegen Streulicht. Bei hochwertigen Objektiven von heute wird dieses Problem mit der Verwendung von Qualitätsglas und der Vergütung von Glasoberflächen fast eliminiert. Achten Sie dazu auf ein sauberes Objektiv und probieren Sie auch mal ein Foto ohne Schutzfilter, falls Sie einen solchen standardmässig auf dem Objektiv haben.
- Nachbearbeitung: Das stark unterbelichtete Bild sieht in der Kamera zunächst missraten aus. Als erfahrene Fotografin oder Fotograf wissen Sie aber, dass bei starken Kontrastverhältnissen das Histogramm die bessere Auskunft gibt also die Bildvorschau. Dank der Verwendung des Rohformates können Sie nun das Bild am Computer global wieder etwa um 0.5 bis 1 Lichtwerte aufhellen. Die dunklen Stellen des Bildes hellen Sie mit dem „Tiefen-Regler“ weiter auf, während Sie die Sonne mit dem „Lichter-Regler“ soweit abdunkeln, bis der Sonnenstern deutlich sichtbar wird. Am Schluss geben Sie dem Bild mit dem „Schwarz-Regler“ wieder etwas pepp und erhöhen nach Belieben die Farbsättigung mit den Reglen „Dynamik“ und „Sättigung“ (bei Lightroom).
Und fertig ist das Bild. Probieren Sie es doch einfach mal aus! Das Fotografieren des Sonnensterns wird ansonsten auch in den Kursen Reisefotografie 2 und Landschaftsfotografie thematisiert und geübt.
Für die technisch Interessierten: Die nach Südosten ausgerichtete Photovoltaik-Anlage produziert zusammen mit der Anlage auf dem Nordwestdach total 36 kWp. Damit können wir übers Jahr mit rund 30’000 kWh fast dreimal mehr Strom produzieren als die 4 Haushalte in diesem Mehrfamilienhaus brauchen. Die grosse Panel-Fläche reicht ausser bei ganz trüben Wintertagen meistens, um den Tagesverbrauch zu decken und die Nachtbatterie zu laden. Somit erreichen wir einen beachtlichen Autarkiegrad von geschätzt gegen 90%! Wir können also auch ohne Stromnetz unseren Energiebedarf meistens selber decken. Bei Stromausfall erzeugt die Batterie innerhalb von ein paar Sekunden unser eigenes Stromnetz im Haus.
Eigener Sonnenstrom macht nicht nur glücklich, wie dies in Studien nachgewiesen wurde und ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Eine Photovoltaik-Anlage ist auch wirtschaftlich interessant. Die Technik ist ausgereift und günstig verfügbar, die Systeme sind erprobt und die Solarteure sind erfahren. Die Investition amortisiert sich je nach Strom- und Vergütungspreisen sowie den Subventionen in der Regel bereits nach rund 10 Jahren. Dabei liefert eine solche Anlage auch nach 30 wartungslosen Betriebsjahren noch etwa 80% der ursprünglichen Strommenge! Für langfristig Denkende ergibt das einen guten und garantierten Zinssatz für das eingesetzte Geld! Aber vor allem gehört Photovoltaik zu den besten heute erhältlichen erneuerbaren Energiequellen und ist für die Energiewende hoch willkommen.
super Fotos, die beste Werbung für unsere Sonnenenergie! 🙂