Fotografieren im tropischen Regenwald
Tropische Regenwälder zählen zu meinen Lieblings-Fotorevieren, da sie eine unglaubliche Vielfalt an Formen, Farben und Leben bieten. So durfte ich zusammengezählt bestimmt schon über ein Jahr in Regenwäldern verbringen und natürlich auch fotografieren. Das letzte Mal im Amazonas-Dschungel von Ecuador. Meine Erfahrungen möchte ich Ihnen hier nun weitergeben.
Wie der Name des Biotops schon ankündigt, sind tropische Regenwälder heiss und nass. Sind Objektive längere Zeit dieser heissen Feuchtigkeit ausgesetzt, können sich auf den Linsen Pilze ansiedeln, die optische Vergütungen ruinieren und als Fremdkörper im Objektiv die optische Qualität beeinträchtigen.
Schutz der Ausrüstung
Zunächst zeigt sich die Feuchtigkeit aber auch an beschlagenen Linsen im Objektiv. Das ist ärgerlich. Deshalb müssen Sie Objektive möglichst trocken lagern und ab und zu an der Sonne trocknen. Da im Regenwald aber die Sonne bekanntlich nicht immer scheint, behelfe ich mich mit dem Trockenmittel Silicagel. Diese etwa zwei Millimeter grossen Körner können Sie in einer Apotheke oder Drogerie kaufen, am besten mit Blau-Indikator. Abgefüllt in einen alten Damenstrumpf kann das Trockenmittel nun über Nacht in einen luftdichten Behälter oder Sack zur Fotoausrüstung gegeben werden. Trockenes Silicagel ist blau. Sobald es mit Feuchtigkeit gesättigt ist, verfärbt es sich rosa und muss nach der Verwendung solange getrocknet werden, bis es wieder blau wird. Am besten geht das in einer Pfanne über dem Herd oder dem Feuer. Damit es trocken bleibt, muss es für den nächsten Einsatz luftdicht verpackt werden.
Wenn Sie im Regenwald unterwegs sind, werden Sie unter Umständen längere Bootsfahrten auf sich nehmen und entlang von Flüssen waten oder sie zumindest durchqueren müssen. Dabei besteht das Risiko, dass Sie und die Kamera ins Wasser fallen. Deshalb verpacke ich meine Ausrüstung innerhalb des Rucksacks zusätzlich in wasserdichte Packsäcke. Regen oder Spritzwasser schadet einer besseren Kamera zwar kaum, da Tasten und Wahlräder gut abgedichtet sind. Aber die oft sintflutartigen Regenfälle in den Tropen oder die Gischt bei Wasserfällen legen nahe, eine Regenschutzhaube (Kaiser, Hama) mitzunehmen oder einen Plastiksack mit Loch und Gummi fürs Objektiv zu verwenden. Die Sonnenblende schützt dabei vor lästigen Tropfen auf dem Filter. Halten Sie ein trockenes Baumwolltuch bereit, um nasse Ausrüstungsteile vor dem Verstauen abzutrocknen, insbesondere der Tubus ausgefahrener Zoom-Objektive.
Sollte eine Kamera trotzdem mal ins Wasser fallen, muss dies nicht ihr Ende bedeuten. Entfernen Sie sofort die Batterie, um Kurzschluss-Schäden in der Elektronik zu vermeiden. Nehmen Sie das Objektiv ab, schütteln Sie allfällige Wasserreste aus und trocknen Sie die Kamera mit dem Baumwolltuch. Danach muss die Kamera mindestens einen Tag weiter austrocknen, am besten an der heissen Sonne und/oder mittels der oben beschriebenen Silicagel-Kur. Meine Nikon Z7 hat so ein Tauchbad im Fluss überlebt. Kürzlich rettete ich sogar meine abgestürzte Drohne, die eine Viertelstunde auf dem Grund eines milchig braunen Flusses lag. Nach vier Stunden Schmoren an der australischen Sonne flog sie wieder! Bei Salzwasser bestehen allerdings wegen elektrischer Kurzschlüsse und drohender Korrosionsschäden weniger Chancen. Hier müssen Sie die Kamera vor dem Trocknen unbedingt mit Süsswasser auswaschen.
Tipps für die Regenwald-Pirsch
Sind Sie das erste Mal im Regenwald, planen Sie ein paar Tage an einem geeigneten Ort im Regenwald ein, von wo Sie selbstständig Tagestrips und Fototouren unternehmen können. Rechnen Sie mit einer gewaltigen Motiv-Vielfalt und vielen Momenten des Staunens. Nehmen Sie sich Zeit, und schauen Sie gut hin. Tiere sind oft sehr scheu und gut getarnt, so dass sie im Grün des Walds nur schwer zu erkennen sind. Es kann sich deshalb lohnen, auch mal mit einem Führer auf die Pirsch zu gehen. Menschen, die im Wald aufgewachsen sind, wissen nicht nur viel über Tiere und Heilpflanzen. Sie sehen und zeigen sie Ihnen auch. Machen Sie dem Führer allerdings von Anfang an klar, dass Sie Zeit zum Fotografieren benötigen werden und äussern Sie ruhig schon gewisse Wunsch-Motive, nach denen Sie Ausschau halten wollen. Die Fortbewegung im heissen und feuchten Wald kann beschwerlich sein, da der Untergrund häufig lehmig, sumpfig und rutschig ist. Planen Sie deshalb am Anfang keine zu grossen Sprünge, sonst wird Ihnen das Fotografieren vergehen.
Im Regenwald dringt nur wenig Licht auf den Waldboden, wo sie in der Regel fotografieren werden. Rüsten Sie sich also entsprechend mit einem guten Stativ und lichtstarken Objektiven aus. Je nach Ihren Vorlieben, Zeit und Geduld können Sie auch ein starkes Teleobjektiv für Tiere und/oder ein Makroobjektiv mitnehmen. Eine Action-Kamera wie beispielsweise eine GoPro hat sich ebenfalls bewährt, weil ich damit ergänzend in heiklen, nassen Situationen oder gar unter Wasser fotografieren kann.
Motive im Regenwald
Den Wald an sich zu fotografieren, ist gar nicht so einfach. Selten bieten sich Fernsichten auf das Wald-Dach oder einzelne Baumriesen am Flussufer an, die vor allem frühmorgens in einer mystischen Nebelstimmung gut in Szene gesetzt werden können. Hauptsächlich werden Sie sich im Wald selber fortbewegen. In diesem Pflanzengewirr ist ein gutes Wald-Foto eine Kunst! Suchen Sie die Nähe von Bachläufen oder Flüssen und beziehen Sie die Gewässer mit dem Weitwinkelobjektiv in Ihre Komposition ein. Oder vielleicht bieten sich auch fotogene grosse Blätter, eine mächtige Brettwurzel oder quirlige Liane als Vordergrund für ein Übersichtsfoto an. Suchen Sie nach starken Linienelementen, die das Auge durch das Pflanzengewirr zu führen vermögen. Auch Menschen können dem Betrachter Orientierung geben, vor allem auch als Grössenvergleich zu mächtigen Urwaldriesen. Komponieren Sie mit dem Stativ. Das erlaubt Ihnen neben der sorgfältigeren Komposition auch längere Belichtungszeiten und die Verwendung eines lichtschluckenden Polarisationsfilters. Gerade bei nassen Blättern wirkt der Polarisationsfilter Wunder. Er mindert die vielen störenden Lichtreflexe, die es auch bei bewölktem Himmel gibt. Das Bild wird ruhiger und so richtig satt-grün.
Wenn die Sonne scheint, können Sie sich in der Regel die Mühe des Fotografierens sparen. Zu stark sind die Kontraste, zu wirr sind die vielen Licht- und Schattenflecken. Ausser Sie schaffen es, diese Komplexität mit einem sorgfältig ausgewählten Ausschnitt zu reduzieren. Am Morgen oder Abend gelingt es Ihnen vielleicht, einen Sonnenstern in die Komposition einzubauen. Denken Sie auch daran, dass Sie mit Ihrem externen Blitz oder einem Aufheller den Vordergrund aufhellen und gezielt Akzente setzen können. Bei Personen im Bild kann das Aufhell-Licht die Schatten im Gesicht mindern, die meist vom oben einfallenden Licht entstehen.
Grössere Tiere im Regenwald zu sichten, geschweige denn zu fotografieren, braucht viel Geduld und eine gute Portion Glück. Da diese Tiere häufig auch gejagt werden, sind sie sehr scheu und haben eine grosse Fluchtdistanz. Sie hören waldunerfahrene Touristen schon lange, bevor wir sie im Blätterdickicht erkennen können. Ein Führer kann Ihnen vielleicht gute Tipps geben und Sie über die zu erwartenden Chancen informieren. In vielen Fällen wird die beste Strategie darin bestehen, sich einen übersichtlichen Ort auszusuchen und dort allenfalls getarnt mit ihrem Tele-Objektiv zu warten, bis sich etwas tut.
Wesentlich dankbarer ist da die Fotografie im Nahbereich. Setzen Sie sich an einem schönen Ort hin. Mit der Zeit werden Ihnen auf kleinstem Raum viele lohnenswerte Motive auffallen, die Sie fotografieren können. Nicht nur all die Kleinlebewesen, auch Moose, Blattstrukturen oder Teile einer Baumrinde faszinieren bei genauerem Hinsehen. Wagen Sie sich auch mal in die Nacht auf Pirsch. Zeit haben Sie ja, denn in den Tropen ist während zwölf Stunden Nacht. Der nächtliche Wald ist zwar zunächst etwas unheimlich, und es sind überall seltsame Geräusche zu vernehmen. Im Schein der Stirnlampe werden Sie jedoch auf viele interessante Lebewesen stossen, die Sie am Tag nicht bemerkt haben oder nicht aktiv waren. Es sind dies vor allem Frösche und Insekten, die Sie mit Blitz und Makroobjektiv in Szene setzen können. Solche Detailaufnahmen werden Ihre Fotoserie aus dem Regenwald bestimmt bereichern.
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